2015 Rathaus Abstatt, Ausstellung Mia Strobel und Dietlind Koch

 

Laudatio    Frau Dr.Ritter

 

 

Mia Strobel -  Malerei

 

 

 

 

 

Mia Strobel wurde 1952 in Oberschlesien geboren. Sie absolvierte eine Lehre als graphische Zeichnerin und studierte an der

 

Johannes Gutenbergschule in Stuttgart. Danach war sie als

 

Layouterin und Graphikerin tätig. Bereits 1981 wagte Mia Strobel den Schritt in die Selbstständigkeit und übernahm auch eine Lehrtätigkeit in ihrem Fachbereich an der Volkshochschule. Seit 1997 befasst sie sich dann sehr eingehend mit unterschiedlichen Maltechniken und Ausdrucksformen, um so ihre künstlerischen Aus- und Weiterbildungen  neben der sogenannten Gebrauchsgraphik zu intensivieren. Sie ist Mitglied im Künstlerbund Heilbronn sowie

 

in anderen Kunst- und Kulturvereinen.

 

 

 

Mia Strobel – Die Werke

 

Mia Strobel ist inspiriert von Natur und Landschaft, wobei sie sich aber dem Substantiellen, dem Realen entzieht, sich keineswegs festlegt, sondern die ständige Veränderung in ihre Arbeiten mit aufnehmen möchte. Sie will der Fantasie des Betrachters nicht vorgreifen und ihn seine eigene Vision ergründen lassen. „Ich habe mich vom Wasser und der Landschaft rund um den Breitenauer See inspirieren lassen“ erläutert die Malerin ihre Bilder, die in sanften und kräftigen Grün- und Blautönen sowie zartem Gelb gehalten sind.

 

 

 

Natur und Traumgleiche Landschaften
Lassen den Betrachtenden phantasieren, wollen in ihm, in ihr eine tiefe Vorstellungskraft erwecken. Entrückt und entfernt von den Farben der eigentlichen Natur, bietet Mia Strobel eine imaginäre, irreale ganz eigene Farbenpalette dar. Landschaften, einst/einmal der realen Welt entstammend und als Inspiration dienend, werden von ihr durch den Einfluss von Licht und ihren persönlichen Koloriten, durch intensive Reduktion als fiktive Landschaftsräume, als ihre Idealvorstellung  gezeigt. Ganz klar erreicht die Malerin dies durch die Verwendung einer matten, zarten/schmiegsamen, häufig wie unscharf wirkenden Gouache, die eindrücklich Unwirklichkeit entstehen lässt. Perspektiven, Horizonte werden schemenhaft, Licht, Farbe, Ferne und Nähe, Ruhe und Bewegung, aber auch Dramatik und  Romantisches/Idyllisches fließen ineinander. Gesteigert wird diese Empfindung noch durch das im Laufe ihrer Zeit immer größer werdende Bildformat und das immer eindringlichere Zurücknehmen in  ihrer Formen- und Farbenwelt.

 

In ihrer Entwicklung stand in den Anfängen der Umgang, das Malen mit Acrylfarbe, die aber schon gesundheitlich nicht zu ihr und ihrer Intension passen wollte. Die Malerin experimentierte mit Tempera, Naturfarbenzusammensetzungen und Naturfarbpigmenten. Diese Leidenschaft hat sich bis heute noch verstärkt, gesteigert, denn von ihren vielen Reisen bringt sie für ihre Farbpalette immer neue interessante Farbpigmente mit. Diese weichen Naturfarben und das Malen mit Gouache, die fließt und atmet und aufgelöst werden kann, entsprechen Mia Strobel mehr als die starre und dichte Acrylfarbe.

 

So schafft/wirkt die Malerin mit/in einer mehrschichtigen Technik, die jedoch sehr fein und transparent gearbeitet wird.

 


Gouache ist ein wasserlösliches Farbmittel aus gröber vermahlenen Pigmenten unter Zusatz von Kreide. Als Bindemittel wird Gummi arabicum verwendet. Die Gouache kann sowohl für deckende als auch für lasierende Maltechniken verwendet werden. Damit vereint sie Eigenschaften der Aquarellfarbe (lasierend) und der Ölfarbe (pastos).

 

Nach dem Trocknen weist Gouache eine samtartig matte Oberfläche auf. Gute Gouachefarbe hellt nach dem Trocknen nicht auf, sofern es sich um Künstlerfarben mit lichtechten Pigmenten handelt. Sie kann wie jede wasserlösliche Farbe auch nach dem Trocknen wieder angelöst werden.

 

 

 

Inspiration und Reduktion

 

Eine Art Entwicklung, die sich im Oeuvre der Künstlerin Mia Strobel vollzogen hat, ist die ganz bewusste und sich über die Jahre hinweg steigernde Reduktion in ihrer Landschaftsmalerei. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass sie alles Konkrete in ihren Landschaften vermeidet, sich auflösen lässt. Für den Beginn der Entstehung eines Bildes lässt sie sich von ihren eigenen Wahrnehmungen, von Szenen, zum Beispiel am Breitenauer See, dem Wasser und den Spiegelungen darin anregen/fesseln/bezaubern, so entsteht die Idee einer Landschaft, aber nicht der Wunsch/das Bestreben nach konkreter Wiedergabe. Im Gegenteil, die Idee und die Wahrnehmung, die in ihrem Innern vor ihrem geistigen Auge entsteht, wird nach außen emotional und eigenwillig/nach ihrem Ermessen umgesetzt. Keine Menschen, keine konkreten markanten Landschaftsinhalte werden dargestellt, da sie, so die Künstlerin, die Sichtweise beschränken würden. Ihre eigenen „Gedankenwirbel“ möchte sie mit in ihre Landschaften einbringen, durch die Dezimierung, auch die der Farbe, noch mehr „sichtbar“ machen. So entstehen durch ihre geschaffenen Horizontlinien, durch kaum wirklich erkennbare vegetative Teile, durch angedeutete Wolkenformationen und natürlich durch die Verwendung ihrer traumgleichen Farbpallette imaginäre, der Realität entrückte, phantastische Landschaftseindrücke und Wasserimpressionen, die stark atmosphärisch geprägt sind. Wie schon eingangs erwähnt sind auch dies ihre Vorlieben: die Natur, das Wasser mit seinen Spiegelungen in allen Facetten. Dies in reduzierter Farbgebung bis hin zur Annäherung an die Monochromie/Einfarbigkeit ist ein Ziel Mia Strobels. Dabei ist die Wahl ihrer Farben ganz klar erdacht, und trotz der Minimalisierung dieser, versteht sie es mit Farben wie zartem Grau und Blau als „Basis“/“Fundament“ unglaublich spannungsgeladene Kontraste zu setzen mit Tönen wie zum Beilspiel kräftigem Gelb, Violett oder Rot so wie in „Weites Land“. Dadurch wird eine Intensivierung des Blickes auf das Wesentliche im Bild gezielt hervorgerufen, ja der Blick wird fast magisch vom Zentralen angezogen. Auch das Format ihrer Bilder spielt dabei eine bedeutende Rolle, denn im Laufe ihrer malerischen Entwicklung wurde dieses immer größer und auch quadratischer. Dies ist für die Künstlerin ungemein wichtig, da das Quadrat als Bildformat wie sie selbst sagt nicht „alltagstauglich“ ist, und für den Schaffenden eine Herausforderung darstellt, da sich die Einsetzung der Horizontlinie und deren Verschiebung als äußerst  spannend gestaltet. So entsteht ein großer, außergewöhnlicher Reiz im Zusammenspiel von Format, Farbe und Inhalt. Aber, so Mia Strobel, „im Quadrat kann man sich besser finden, allerdings ist das Quadrat auch von der Lesart schwieriger als das Rechteck“!

 

 

 

 Sie sieht ihre Landschaften als Metaphern für das Leben, wobei ihr wichtig zu sein scheint, in der Findung der Minimalisierung ihrer Darstellungen eben auch so das Wirkliche, Wahre und Entscheidende, ja den Sinn des Lebens für sich zu finden. Diese Meditation, diese Besinnung soll in ihren Werken an den Betrachtenden weitergegeben werden.

 

„Der Blick in die Natur ist ein Blick in den Spiegel der individuellen Seele“, beschreibt sie selbst ihre Bilder.
 Den Weg zu dieser Erkenntnis, zu diesem enormen Entwicklungsprozess im Werk der Künstlerin vollzog sich unter anderem durch ihre Entdeckung des chinesischen Künstlers Qui Shihua, der sich in den letzten Jahren auch in Deutschland durch seine beinahe monochromen und nur beinahe weißen Arbeiten einen Namen gemacht hat. „In seiner Auffassung von Natur“, so Mia Strobel, „habe ich mich endlich wieder gefunden“.

 

Die Entstehung einer spürbaren Atmosphäre in den Werken von Mia Strobel, hervorgerufen durch den Dialog von Farbe und Licht, ist unter anderem angeregt durch die Auseinandersetzung mit dem Maler William Turner. Doch die Malerin geht in ihrer Vorstellung von Atmosphäre/Naturstimmung weiter und über die Vorimpressionisten und Impressionisten hinaus, denen die Wahrnehmung der Dinge wichtiger war als ihre Bedeutung. In Mia Strobels fast gänzlicher Auflösung des Realen, des Greifbaren entstehen visionäre/phantastische Bilder, die beim Besehen eine ganz individuelle tiefe innere Stimmung auslösen wollen.

 

So zum Beispiel das Werk „Wechselspiel II“ lässt eine helle kreisrunde Feinheit des starken Blaus an Wellen auf der Wasseroberfläche erahnen.

 

 

 

Mensch und Natur

 

Auf der Suche nach Ihren Landschaften in der realen Landschaft entdeckt die Künstlerin doch immer wieder schmerzhaft, wie sehr der Mensch die Natur und eben auch die Landschaft verletzen kann, eine Tatsache die Mia Strobel, wie viele von uns, sehr bestürzt.

 

Diese Entdeckung versucht sie in ihren Werken so darzustellen: Sie arbeitet mit großen, handgeschöpften Papiern und kratzt in diese Linien ein, symbolisch für die Verletzung, die der Mensch der Natur zufügt – „verletzt“ sie das Papier (eine Art „Stenographie“) als Ausdruck ihrer eigenen Bestürzung darüber. So möchte sie mahnen und auf manche Umweltsünden aufmerksam machen.

 

 

 

Mia Strobel reist sehr gerne und hat als ihre Identifikation dazu ein Zitat von Jean Paul: „Reisen ist Leben, wie umgekehrt Leben auch Reisen ist“! Das Leben als Reise betrachten, auf der man immer wieder Neues entdeckt und neue spannende Erfahrungen machen kann. So auch ihre ganz persönlichen „Reisen“ in ihre Natur, denn ihr Credo ist: „Alles unterliegt der Veränderung, die Landschaft ist Anfang und Ende. Ich suche und sehe etwas Bestimmtes in der Landschaft und in der Natur, verweigere aber jede Festlegung. Ich akzeptiere das Ungewisse und Unerklärliche“.

 

Somit können ihre Bilder nur durch das Verknüpfen von Gedanken erkannt werden/enträtselt werden, und eine vielfältige Entschlüsselung/  Interpretation für den Betrachtenden bieten.